- Gleichstellung

Aufruf: WANN,WENN NICHT JETZT

Wann, wenn nicht jetzt

Corona hat das Leben in Deutschland und in der Welt grundlegend verändert. Deutlich wird, dass die wirtschaftlichen und sozialen Kosten Frauen wesentlich stärker treffen. Die Pandemie vergrößert alle gleichstellungs- und frauenpolitischen Probleme/Schieflagen, auf die viele Verbände bereits seit Jahrzehnten hinweisen. Angesichts der existenziellen Krise wird deutlich, wie lebensbedrohlich sich die über Jahre privatisierte und eingesparte öffentliche soziale Infrastruktur und die falschen Arbeitsbewertungen jetzt auf unseren Lebensalltag auswirken.

Unterzeichnen auch Sie die Forderungen: zum Unterzeichnen

Wann, wenn nicht jetzt werden unsere frauen- und gleichstellungspolitischen Forderungen anerkannt und umgesetzt. Wir erwarten von Politik, Arbeitgeberinnen und allen Verantwortungsträgerinnen ein ebenso mutiges, sachbezogenes und schnelles Handeln wie jetzt in der Zeit von Corona.
Deshalb fordern wir u.a.:
• finanzielle Aufwertung und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege, im Gesundheitswesen, der Erziehung und im Einzelhandel,
• Abschaffung der Sonderregelungen für Minijobs,
• Rahmenbedingungen und Arbeitszeiten, die es Eltern ermöglichen, sich die Care-Arbeit gerecht zu teilen,
• eine bedarfsgerechte und flächendeckende Versorgung mit Beratungsstellen und Gewaltschutzeinrichtungen.

zum Aufruf

Aufruf: WANN,WENN NICHT JETZT
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Wann, wenn nicht jetzt?

Der Landesverband Oldenburg fordert dies regelmäßig - besonders zum EqualPayDay!

Für den Landkreis Vechta hat Gleichstellungsbeauftragte Astrid Brokamp folgende Statistik erfasst und
bezogen auf den Aufruf BAG Gleichstellungsbeauftragten „Wann, wenn nicht jetzt“ für den Landkreis folgendes ergänzt:

Minijobs: Der LK Vechta hat lt. Zahlen der Minijobzentrale eine hohe Quote an nichtsozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen, nämlich 12% bezogen auf die Gesamtbevölkerungszahl (LK Clp. 10%, LK Osnabrück 9%). Von allen 25- bis 65-Jährigen Frauen gehen 20% lediglich einem Minijob nach, haben dem nach keinen Anspruch auf Kursarbeitergeld. Gleichzeitig sind in wirtschaftlichen Krisenzeiten Minijobs immer besonders gefährdet: Von März 2019 bis März 2020 sank die Zahl der Minijobber*innen um 30% (davon 28% weniger Frauen und 2% weniger Männer)
Frauenhaus: Es gibt keine zuständige Täterberatung für den LK, außerdem stellen fehlende bundesweite verbindlichen und bedarfsgerechte Regelungen das Frauenhaus in Vechta oft vor Schwierigkeiten. Auswirkungen von Krisen wie des Corona-Lockdowns kommen in ländlichen Regionen meist zeitlich verzögert und zahlenmäßig abgeschwächt an. Weniger beengte Wohnverhältnisse und eine gewisse soziale Kontrolle tragen dazu bei. Die Frauenhäuser können untereinander mit einem Ampelsystem abprüfen, wo in der Gegend noch ein Platz frei wäre – und dieses System zeigte während der Corona-Krise vor allem in Ballungsräumen eine hohe Auslastung. Mittlerweile und zur Zeit (Stand Anfang Juni) sind auch alle Plätze im Frauenhaus Vechta besetzt (anders als Ende März z.B.), zumal Hygienevorgaben wie eigenen Badezimmer oder die Aufnahmen von Frauen mit mehreren Kindern die Platzflexibilität zusätzlich einschränken. Mit schrittweisen Lockerungen ergeben sich für Frauen auch wieder mehr Gelegenheiten, sich an Frauenhaus oder BISS zu wenden.
Alleinerziehende: Zuverlässige Zahlen zu Alleinerziehenden im LK Vechta gibt es nur über den Zensus 2011 und durch die gemeldeten Personen bei Arbeitsagentur und Jobcenter. Demnach sind 11% aller Familien im LK Ein-Eltern-Familien, Tendenz steigend. Je nach Erhebung sind zwischen 80% und 90% Frauen. 20% aller Bedarfsgemeinschaften im JC Vechta sind alleinerziehend (Stand Sep. 19). Das Armutsrisiko ist mit 40% aller Alleinerziehenden hoch (lt. paritätischem Armutsbericht) und ist nur noch bei arbeitslosen Personen höher. Bei unserem regelmäßigen Infotag für Alleinerziehende können wir für den LK feststellen, dass neben den finanziellen Sorgen und bezahlbarer Wohnraum vor allem ein soziales Netz und flexible Kinderbetreuung fehlen. Gerade diese beiden Punkte haben alleinerziehende Eltern in der Corona-Krise vor besondere Herausforderungen gestellt: Obwohl einige auf ALG II angewiesen sind, arbeiten überdurchschnittlich viele: 40% aller im JC gemeldeten Alleinerziehenden (gegenüber einer Quote von 28% Erwerbstätigen bei allen gemeldeten Personen )gehen einer Erwerbstätigkeit nach, die leider nicht zum Leben ausreicht, meist, weil sie nur in TZ oder im Minijob beschäftigt sein können. Und gerade diese Arbeitsverhältnisse sind oft prekär und bei fehlender Kinderbetreuung schnell verloren.
Kurzarbeit: Da sich das Kurzarbeitergeld an den Nettolöhnen orientiert, haben vor allem Personen mit einem hohen Steuerabzug wie in LSK 5 einen deutlichen Nachteil. Dies sind meistens Frauen in dem traditionellen Zuverdienstmodell einer Familie. Ohnehin verdienen Frauen im LK Vechta deutlich weniger als Männer (IAB 2016), im Vergleich von Vollzeitstellen nämlich 25% (Dtl. 15%).
Care-Arbeit: Die hohe Teilzeit- (86%, lt. BA-Statistik 2018) bzw. Minijobquote (71%, NGG 2018) von Frauen im Lk lassen vermuten, dass ein Großteil der privaten Sorgearbeit auch im LK Vechta traditionell bei den Frauen verbleibt.
Systemrelevante Berufe: Dazu habe ich keine aktuellen Zahlen, ich bin mir aber sicher, dass überwiegend Frauen in Pflege, Erziehung und Einzelhandel arbeiten. Gleichzeitig haben sich gerade hier die Arbeitsbedingungen während der Krise verschlechtert, Arbeitszeitrahmen wurden aufgehoben, Betreuungsschlüssel ausgesetzt – da helfen einmalige Prämien wenig.

„Das zeigt uns, dass hier im Landkreis Vechta gerade die Alleinerziehenden stärker in den Blick genommen werden müssen und mehr für Gleichberechtigung getan werden sollte, meint kfd Sprecherin Elfriede Bruns mit Blick auf die Statistik.